Sonntag, 14. Januar 2007

Praxis, Chancen und Visionen

Gemäß der von Prof. Schmale angedachten Gliederung möchte auch ich in meiner kurzen Zusammenfassung des Inhaltes vorgehen.
Zur Praxis: Geschichte im Netz darzustellen ist derzeit eine unpopuläre Aufgabe die größtenteils nur von wenigen Laien in Angriff genommen wird. Die Resultate sind dementsprechend unausgewogen, suggestiv und selektiv. Die vom Autor unter anderem angesprochenen Primär-Quellen aller Art und vom wissenschaftlichen Standpunkt relevanten Seiten im Netz beschränken sich auf eine relativ geringe Zahl. Als Grund dafür wird das „Nebeneinander“ zweier separater Teilsysteme gesehen – und die derzeit noch geringe Zahl an Schnittpunkten dieser Systeme, wiewohl eine gegenseitige Beeinflussung unbestritten und unaufhaltsam stattfindet: Stichwort „Remediation“. Ein wesentlicher Teilaspekt der gegenseitigen Beeinflussung sind sicherlich die vom Autor angesprochenen neuen medienadäquaten Schreibformate und Arten der Publikationen.
Angriffsfläche bietet das Netz an eben diesen Punkt der Publikation: die Textproduktion passiert im Netz inflationär und betrifft oftmals auch Publikationen mit nicht gesicherten Inhalt, also eher Momentaufnahmen in Diskussionsprozessen. Nachvollziehbar scheint hier vor allem das, diese Tatsache relativierende, Argument Schmales, wonach die Forschung in gewissem Sinn immer nur eine Momentaufnahme ist – die Argumente allerdings unterschiedliche Reife haben können. Ob das tatsächlich schon als eine Bewegung weg von der autoritären Lehrhaltung zu werten ist sei dahingestellt.
Die Essenz des ganzen Kapitels wird gegen Ende aufgezeigt: selbst wenn beide „Säulen“ noch großteils getrennt voneinander arbeiten ist es mittlerweile undenkbar geworden in wissenschaftlichen Arbeiten nur eine von beiden einzubeziehen.
Interessant in dem Abschnitt zur Praxis scheint mir vor allem der kurze Abriss zum Thema Hypertext. Abgesehen davon, dass ich nach Jahren des Internetbenutzens nun endlich weiß für was das Kürzel „http“ genau steht, klingt die Diskussion, was denn nun ein Hypertext ist, sehr spannend. Wirklich erstaunlich empfinde ich hierbei aber nicht die Tatsache, dass die sogenannte Hypertextforschung den Begriff Hypertext nunmehr für eine wissenschaftliche Text- und Wissensproduktion reklamiert, sondern dass es tatsächlich ein eigenes Forschungsfeld zu Hypertexten gibt.
Zu den Chancen: Als Chancen gelten für den Autor das Potential des schnelleren Wissensfluss durch eine Aufbereitung und vor allem Präsentation im Netz oder das Potential der offenen Zugänglichkeit der erarbeiteten Forschungsfortschritte. Wobei genau dieser offene Zugang besondere Erwähnung findet und gar nicht als selbstverständlich erachtet wird. Eine wesentliche Chance wird auch in der Multimedialität des Mediums Internet gesehen. Eine Weiterentwicklung der Geschichtswissenschaft weg von einer reinen Text- oder Quellenwissenschaft hat somit bereits gegriffen – und zeigt sich in einer immer besser ausgeprägten historischen Bildwissenschaft. Als negativen Aspekt der Multimedialität sieht Schmale die „strukturellen Gewalt“, die in vielen Fällen fast schon die Notwendigkeit einer multimedialen Präsentationen im Netz erzwingt.
Ein weiterer Teil der Möglichkeiten und Chancen ist die Methode des E-Learnings – auch wenn dieser Aspekt in der Geschichtswissenschaft bei weitem noch nicht sein volles Potential ausgeschöpft hat.
Für mich nicht eindeutig in „Chancen“ oder „Visionen“ kategorisierbar ist die Aussage, wonach in der Wissenschaft der Spaß Einzug halten oder besser immer präsent sein sollte und das Internet diesen Spaßfaktor mit sich bringen könnte. Damit einher geht, wie vom Autor erwähnt, der Effekt, dass mit der voll integrierten Internetnutzung auch „die traditionelle zivilisatorische Grenze zwischen Wissenschaft und dem Alltag“ geöffnet werden könnte. Die Methode des E-Learnings gilt also als eine weitere Möglichkeit der offeneren und breiteren Bildung.
Als unumgängliche, und nicht eventuell mögliche, Entwicklung wird durch fortschreitenden Gebrauch des Internets in der Geschichtswissenschaft der Verlust der Dominanz einzelner Personen beschrieben – die Anzahl an aktiv Beteiligten am Forschungsprozess gewinnt ähnlich dem potentiellen Betätigungsfeld an Umfang.
Zu den Visionen: Jaspers stellt die Medienrevolution durch das Internet auf eine Stufe mit der Erfindung des Buchdrucks; somit steht diese in der Tradition von Ereignissen, deren Transformationspotential fundamentaler Natur waren (Zu recht, wie ich meine). Mit dem Internet geriet eine ganze Welt in Fluss – und bekanntlich kann man nie ein zweites Mal in den selben Fluss steigen. Wie man zu diesem stetigen Wandel steht ist sicherlich eine Frage der eigenen Weltanschauung, muss aber nicht zwingend negativ sein, wie Schmale zu vermitteln versucht.
Persönlich halte ich die Geschichtswissenschaft für das Non-Plus-Ultra aller Wissenschaften, einzig aus dem Grund weil jede Wissenschaft oder jedes Betätigungsfeld (Stichwort Hypertextforschung) eine Geschichte hat welche früher oder später in der Geschichtswissenschaft aufgearbeitet wird.
In diesem Sinn hat natürlich auch das Internet eine Entwicklung zu bestreiten und somit eine Geschichte zu durchleben – wiewohl ich glaube, dass diese Entwicklung noch am Beginn steht und sich daher noch eine durchaus spannende Geschichte aufgrund von spannender Visionen entwickeln wird.

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